Samstag, 18. April 2009

Banker, Lagerarbeiter und der blanke Irrsinn

Der beliebte Freizeitsport zum Ende der ersten Dekade des dritten Jahrtausends, das Bankerbashing oder der Bankermord in Gedanken, ist auch an der Tiltkontrolle nicht spurlos vorübergegangen. In der kleinen Presseschau zum Wochenende tritt deshalb Howard Lederer auf, der findet, dass Banker und Händler an den Finanzmärkten von Pokerstrategien viel lernen könnten, schließlich gehe es bei "Poker um kontrollierte Aggression, nicht um blanken Irrsinn".

Wer viel Geld verloren hat, der hat weniger zu verzocken. Deswegen rafft sich die Tageszeitung Welt unter dem Titel "Rezession trifft auch die Poker-Asse" zu einer Mitleidsberichterstattung auf und will herausgefunden haben, dass Barry Greenstein und andere Pokerprofis "empfindliche Einkommenseinbußen" hinnehmen müssen. Greenstein schätze, "dass er heute rund ein Drittel weniger verdient als noch vor wenigen Jahren. 'Das Geld sitzt längst nicht mehr so locker', berichtet Greenstein. 'Früher gab es immer irgendwelche Leute vom Film oder aus der Computerbranche, die zu viel Geld hatten.'"

Um Leid und Verzweiflung eines weniger gut betuchten Spielers kümmerte sich in dieser Woche der Kölner Stadtanzeiger. Ein Lagerarbeiter spielte, bis er nichts mehr hatte: „Alles war unwichtig. Freunde, Familie, die Miete, ich ordnete alles dem Spiel unter.“ Einsamkeit, soziale Probleme, habe er mit der Spielerei verdrängt: "Die Zockerei hat mich kurzfristig von der Hoffnungslosigkeit befreit, es ist ein Teufelskreislauf. Man schafft sich künstliche Probleme, die von der Realität ablenken. Ich hörte nie auf, bis ich komplett blank war." Dabei ging es vor allem um das Automatenspiel, gleichzeitig verweist der Artikel auch auf die Suchtgefahr des Online-Poker. Wir wandeln einen Satz von Howard Lederer um: Es geht um Spaß am Spiel, vielleicht auch um Geld, aber nicht um blanken Irrsinn.

Keine Kommentare: